Vor einem Springbrunnen

Wie doch die Kraft das Wasser hebt!
Es steigt und schwindet, schwillt und schwebt,
es steht im Strahl, es kommt und fällt
in diese nasse Gotteswelt,

die zwecklos wie am ersten Tag
bloß ihrer Lust genügen mag
und von dem holden Überfluß
an keine Pflicht verstatten muß,

nur jener einen Macht sich beugt,
die sie erschuf — zum Himmel steigt
ihr Dank, ein immer, früh und spät,
unendlich rauschendes Gebet.

Das rauscht und raunt, das rinnt und rennt
im daseinsseligen Element;
es fällt empor und steigt herab —
kalt ist die Sonne, heiß das Grab.

Und da es lebt, indem es stirbt,
das Licht noch um das Wasser wirbt:
Der Geist, dem solche Lust gefiel,
dankt ihr ein Regenbogenspiel!

Ob auch die Schale überfließt,
ob Alles sich in nichts ergießt:
der Geist, der es besieht, gewinnt,
und ob auch Lust und Zeit verrinnt.

Und nichts besteht und Alles bleibt,
dem heiligen Geiste einverleibt,
der nah dem Ursprung, treu und echt
fortlebt dem heiligen Geschlecht.

Der Brunnen rauscht, nur ihm vertraut
vom Jauchzen bis zum Klagelaut,
dem ewigen Ton, der ihm nur sagt,
daß hier die Lust die Welt beklagt,

die ihre Lust zum Zweck verdarb,
bis alles Licht des Lebens starb;
die sich die eigene Liebe stahl
und sich bestraft mit Scham und Qual.

Noch fließt ein Quell, noch flammt ein Licht,
noch streben beide zum Gedicht,
noch steigt die Sehnsucht hoch empor,
noch öffnet sich ein Himmelstor —

noch wär' ich auf dem Regenbogen
beinah mit dir dort eingezogen,
daß nie verrinne Lust und Zeit.
O schöne Überflüssigkeit!

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