Robert der Teufel
Es lebte in der Normandie
Ein Herzog edel, reich und milde.
Er führte einen Leu im Schilde,
Doch sah man solche Sanftmut nie.
Kam einem Tier er ins Gehege,
So trug er mit der Panzerhand
Den Salamander aus dem Wege
Und hob den Schmetterling ans Land,
Der taumelnd noch vom Hochzeitsflug
In eines Teiches Wellen schlug.
Einst traf er eine Häsin an.
Die braune Häsin lag im Kreissen.
Da dachte seines Weibs der Mann,
Nahm sich der Mutterklage an
Und ward von diesem Tage an
Der Herzog Hasenherz geheissen.
Denn ohne Kinder war sein Heim,
Drob ging schon Rede rauh und spöttisch.
Er liebte seine Gattin göttisch.
Von seinen Lippen floss ein Seim
Der Liebesworte Süsse täglich.
Die Küsse brannten loh und licht
Auf ihren schönen Mund unsäglich.
Gott segnete die Ehe nicht.
Sie spielte mit den Kindern andrer.
Sie hielt den Ärmsten offenes Haus,
Sie gab dem Gumpelmann und Wandrer
Das schönste Zimmer ihres Baus.
Sie zeigte allen sich als Mutter,
Da sie doch keines Mutter war.
Ein Vogelweibchen, das mit Futter
Noch jedem Kuckuck Mutter war.
Oft lehnte sie versteint im Erker.
Der sanfte Herzog aber schlich
Durch Wald und Feld wie ein Berserker
Und fluchte Gott und ihr und sich.
Und einmal sprach er laut und leise
(Warf Brösel nach der zahmen Meise):
Wie bald naht nun das Alter uns,
Wo wir vereinsamt hinter Gittern
Der Burg dem Tod entgegenzittern,
Was soll dann jener Falter uns?
Und jenes Glück der Weltbetrachtung,
Die man dem Erben übermacht?
Uns bleibt die eigene Verachtung,
Die sich verweint und sich verlacht.
Da schlug in seiner Gattin Wangen
Jäh eine rote Flamme auf:
Ich sah zum Kreuzesstamme auf
Und Christus tot herniederhangen ...
Wie oft erflehte Gott ich schon,
So will ich heute dieses schwören:
Schenkt mir der Teufel einen Sohn,
So soll dem Teufel er gehören!
Sie schliesst die Augen und verstummt,
Da Tränen ihre Wimpern nässen.
Der Herzog hat das Haupt vermummt,
Und eine schwarze Fliege brummt
Am Fensterplatz, wo er gesessen.
Es war ihr nachts, als wenn was singe.
Doch war das Singen sondrer Art,
Als ob mit einer Degenklinge
Sich kämpfend eine Lilie paart.
Als sie erwachte, sah sie plötzlich,
Wie eiligen Fusses ein Skorpion
Die Wand entlang lief, und entsetzlich
Scholl ihr vom Turm des Hornes Ton.
Auf ihre Stirn fiel eine Zecke.
Zwei Blumen lagen auf der Decke,
Voll weissen und voll roten Mohns.
Sie nimmt die weisse und zerpflückt sie,
Und unterm Herzen spürt beglückt sie
Die erste Regung ihres Sohns.
Sie ging umher als wie im Tanz
Und flocht aus gelben Butterblumen
Dem Ungebornen einen Kranz.
Und warf sich nieder auf die Krumen
Und legte ihre Lenden bloss
Und füllte Erde in den Schoss.
Wie einen Korb voll reifer Birnen,
So trug sie schwankend ihren Leib
Und fühlte zwischen Fraun und Dirnen
Sich selig als erkornes Weib.
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