Blütezeit

Nun blüht das Korn, nun blüht der Wein,
All um ein lieblich Düften,
Man atmet lauter Segen ein
In linden Abendlüften.

Noch blüht das Korn, noch reift es nicht,
Will selbst sich duftend weihen,
Durchglüht vom warmen Sonnenlicht
Den Segen prophezeien.

Wir bitten all um täglich Brot –
Doch doppelt ist's gesegnet,
Wenn uns im Juni-Abendrot
Der Aehren Duft begegnet

Wir trinken ihn mit Wonne ein:
Der blüh'nden Aehren Küssen
Soll unserm Leben heilsam sein –
So will im Volk man wissen.

O Volkesglaube rein und gut!
Nur der ist reich zu nennen,
Dem Blüten geben Hoffnungsmut,
Eh' noch die Frucht zu kennen.

Auch an der Rebe zart und dicht
Hervor die Träubchen sprießen
Und golden sich im Sonnenlicht
Die Blüten schon erschließen.

Sei mir gegrüßt du Aehrenfeld,
Mit deinen leisen Wogen,
Samt deiner blauen Blumenwelt,
Die sich hinein verflogen,

Ein Duft, berauschend süßer Art
Durchzieht die Rebengänge,
Des Sommers nahe Gegenwart
Fügt sich zum Lenzgepränge.

O schöne Zeit! es blüht der Wein
Beim Sang der Nachtigallen,
Und wenn im gold'nen Sonnenschein
Die Lerchenlieder schallen.

Und daher stammt die Liederlust
Wenn später im Pokale
Der Wein erfreut der Menschen Brust,
Belebt mit einem Male.

Und grüßt dann die Erinnerung
An Zeiten, da er blühte,
So schafft sie die Begeisterung,
Die nur für Höchstes glühte.

So mag des rechten Lebens Born
Denn in uns übergehen:
Drum sei gesegnet Wein und Korn,
Wenn wir Dich blühen sehen.

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