Ellwieens Schwanenlied
Wie blickst du aus dem Nebelduft,
O Sonne, bleich und freundlich!
Wie weht die dunstbeladne Luft
So rauh und menschenfeindlich!
Es girrt die sterbende Natur
Ihr Schwanenlied so traurig,
Es stehen Busch und Wald und Flur
So herbstlich und so schaurig.
Ihr Rosen, die der rauhe Ost
In ihrem Knospen pflückte;
Ihr Nelken, die der frühe Frost
Halbaufgeschlossen knickte!
Ist euer Loos nicht auch mein Loos?
Seyd ihr nicht, was ich werde?
Entkeimt’ ich nicht, wie ihr, dem Schooß
Der mütterlichen Erde?
Ist nicht mein Halm so jugendlich,
So schlank emporgeschossen?
Hat meiner Blüthen Knospe sich
Nicht drängend aufgeschlossen?
Weckt meiner Augen blaues Licht,
Die Rose meiner Wangen,
Die Frische meiner Lippen nicht
Der Jünglinge Verlangen?
Ach! klagt um eure Schwester, klagt,
Ihr Rosen und ihr Nelken –
Wie bald! – Und hin ist meine Pracht,
Und meine Blüthen welken.
Verstreut ist all mein grünes Laub,
Geknickt mein schlanker Stengel,
Mein Staub gebettet in den Staub,
Mein Geist verklärt zum Engel!
Der Wandrer, der in meiner Zier,
In meiner Schönheit Schimmer
Mich schaute, kommt und forscht nach mir,
Und sieht mich nimmer, nimmer!
Es kommt der Jüngling, den ich mir
Erkohren einzig habe –
Ach! fleuch, Geliebter, fleuch von hier,
Dein Mädchen schläft im Grabe.
Ach! traure, Theurer, traure nicht!
Des Grabes Dunkel schwindet,
Und himmlisch und unsterblich Licht
Glänzt dem, der überwindet.
Triumph! Auf Herbstesdämmerung
Folgt milder Frühlingsschimmer.
Auf Trennung folgt Vereinigung –
Vereinigung auf immer!
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