Des Mädchens Plage
Was halt' ich hier in meinem Arm?
Was lächelt mich an so hold und warm?
Es ist der Knabe, die Liebe!
Ich wieg' ihn und schaukl' ihn auf Knie und Schooß,
Wie hat er die Augen so hell und groß!
O himmlische, himmlische Liebe!
Der Junge hat schön krausgoldenes Haar,
Den Mund wie Rosen hell und klar,
Wie Blumen die liebliche Wange;
Sein Blick ist Wonne und Himmel sein Kuß,
Red' und Gelach Paradiesesfluß,
Wie Engel die Stimm' im Gesange.
Und liebst du mich denn? – Da küßt er ein Ja!
Und wie ich ihm tief in die Augen nun sah,
Da schlägt er mir grimmige Schmerzen;
O böses Kind! ei wie tückisch du!
Wo ist deine Milde, die liebliche Ruh?
Wo deine Sanftmuth, dein Scherzen?
Nun geht ein süß Lächeln ihm über's Gesicht:
Ich liebe dich nicht! ich liebe dich nicht!
Da setz' ich ihn nieder zu Füssen.
O weh mir! so ruft nun und weinet das Kind,
Du Böse, o nimm mich auf geschwind,
Ich will, ich muß dich küssen.
Ich heb' ihn empor, er schreiet nur fort,
Er hört auf kein liebkosendes Wort,
Er spreitelt mit Beinen und Händen:
Mich ängstet und betäubt sein Geschrei,
Mich rühren die rollenden Thränen dabei,
Er will die Unart nicht enden.
Und größer die Angst, und größer die Noth,
Ich wünsche mir selbst und dem Kleinen den Tod,
Ich nehm' ihn und wieg' ihn zum Schlafe:
Und wie er nur schweigt, und wie er nur still,
Vergeß ich, daß ich ihn züchtigen will,
Meine Lieb' seine ganze Strafe.
Da schlummert er süß, es hebt sich die Brust
Vom lieben Athem, ich sätt'ge die Lust
Und kann genug nicht schauen:
Wie ist er so still? Wie ist er so stumm?
Er schlägt nicht, und wirft sich nicht wild herum,
Er tobt nicht! es befällt mich ein Grauen.
O könnte der Schlaf nicht Tod auch seyn?
Ich weck' ihn mit Küssen; nun hör' ich ihn schrein,
Nun schlägt er, nun kos't er, meine Wonne, mein Sorgen,
Dann drückt er mich an die liebliche Brust,
Nun bin ich sein Feind, dann Freund ihm und Lust: –
So geht's bis zum Abend vom Morgen.
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