Ode „Ich empfinde fast ein Grawen”
Ich empfinde fast ein Grawen
Daß ich / Plato / für vnd für
Bin gesessen über dir;
Es ist Zeit hinauß zu schawen /
Vnd sich bey den frischen Quellen
In dem grünen zu ergehn /
Wo die schönen Blumen stehn /
Vnd die Fischer Netze stellen.
Worzu dienet das studieren
Als zu lauter Vngemach?
Vnter dessen laufft die Bach
Vnsers Lebens das wir führen /
Ehe wir es inne werden /
Auff jhr letztes Ende hin /
Dann kömpt ohne Geist vnd Sinn
Dieses alles in die Erden.
Hola / Junger / geh’ vnd frage
Wo der beste Trunck mag seyn /
Nimb den Krug / vnd fülle wein.
Alles Trawren / Leid vnd Klage
Wie wir Menschen täglich haben
Eh’ vns Clotho fort gerafft
Will ich in den süssen Safft
Den die Traube gibt vergraben.
Kauffe gleichfals auch Melonen
Vnd vergieß deß Zuckers nicht;
Schawe nur daß nichts gebricht.
Jener mag der Heller schonen /
Der bey seinem Gold’ vnd Schätzen
Tolle sich zu krencken pflegt /
Vnd nicht satt zu Bette legt:
Ich wil weil ich kann mich letzen.
Bitte meine gute Brüder
Auff die Music vnd ein Glaß:
Kein ding schickt sich / dünckt mich / baß /
Als ein Trunck vnd gute Lieder.
Laß’ ich schon nicht viel zu erben /
Ey so hab ich edlen Wein;
Wil mit andern lustig seyn /
Wann ich gleich allein muß sterben.
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