An Fr. Kleyle
Vergib, vergib, Geliebter, dem Gesange,
Der deines Schmerzes leisen Schlummer stört,
Der dir Erinnerungen, süße, bange,
Herauf aus ihrer stillen Gruft beschwört!
Gedenkst du noch des Abends, den die Götter
Auf uns herabgestreut aus milder Hand,
So blühend, leicht, wie junge Rosenblätter,
Denkst du des Abends noch am Leithastrand?
Im Haine sprang von Baum zu Baum die Röte,
Sie wiegte sich auf Wipfeln, mischte froh
Sich in den Wellentanz, der zum Geflöte
Der Nachtigallen rasch vorüberfloh.
Wir aber schritten traulich durch die Schatten,
Und, süß geschwätzig, uns zur Seite ging
Die Hoffnung, sprach vom Himmel treuer Gatten,
Wies dir von Lottchens Hand den güldnen Ring.
Schon sah mein Blick, der in die Zukunft spähte,
In langen Reihen Wonnetage ziehn;
Schon baut ich kühn mit leichtem Traumgeräte
Mein früh zerfallnes Glück an deines hin. –
Sanft senkten sich in feierliches Schweigen
Die Züge der Natur, kein Lüftchen sprach,
Sie schien ihr göttlich Angesicht zu neigen,
Als sänne still sie einer Freude nach,
Die Sterne tauchten aus dem Äthermeere,
Der Weste Hauch erwachte nun im Hain,
Die Blume trank des Himmels leise Zähre,
Und selig irrten wir im Mondenschein. – –
Doch kommt ein Sturm jetzt über meine Saiten,
Reißt wild mir von der Leier jenen Tag,
Den schönen Tag mit allen Seligkeiten,
Pocht mir ans Herz mit rauhem Flügelschlag.
Herein! herein! du finsterer Geselle!
Du bist in meiner Brust kein neuer Gast;
Ich öffne dir die trümmervolle Zelle,
In welcher dein Geschlecht schon oft gerast!
Des Abends, Freund, gedenk ich, jenes andern!
Ich seh im winterlichen Dämmerlicht
Zur Kirche hin den langen Brautzug wandern,
Wo die Geliebte Treu und Herz dir bricht.
Der Priester sprach den Segen ob dem Paare,
Mir schien ein Mordgewölb das Heiligtum,
Ich sah die Hoffnung fallen am Altare,
Wie ward die süße Schwätzerin so stumm! –
Beflügle dich, mein Lied, denn immer trüber
Und tränenvoller stets wird deine Bahn;
O führe schnell den Freund mir da vorüber,
Wo ihn der Schauer nächtlichste umfahn!
Vorüber, Lied, am bretternen Geschirre,
Darein der Tod gepflanzt die Rose bleich;
Fort von der Stimmen kläglichem Gewirre,
Da dumpf vernagelnd dröhnt der Hammerstreich!
Wir sind vorbei. Der Sturm lenkt sein Gefieder
Zum dunkeln Horste der Vergangenheit,
Und Wehmut sinkt an meinen Busen wieder,
Die stille Freundin meiner Einsamkeit.
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