Blumengruß
Jener Abend war entschwunden;
Doch mit jedem Morgenlichte
Fand Johannes im Gefängnis
Frische Blumen, süße Früchte.
Sind es Früchte nicht von Bäumen,
Die er sah auf seinen Wegen?
Hauchten diese Blumen nie noch
Ihre Düfte ihm entgegen? –
Gleich als hätte heimlich jemand
Abgeschmeichelt jeder Stelle
Eine freundlichere Miene,
Heitert sich die Kerkerzelle.
Dieses ewig wache Sorgen,
Ob ein Geist es heimlich übe,
Allgewärtig, ungesehen,
Kann es jemand als die Liebe? –
Jüngling, mit den edlen Freunden,
Die getreu dir auch im Leide,
Ist noch eine treue Seele
Dir gefolgt, in fremdem Kleide.
Ihre Sehnsucht will die Jungfrau
Deinem Blick verborgen halten,
In die Pflicht des Pagen hüllen
Ihrer Liebe stilles Walten.
Und es deckt die Rosenwangen
Gelbe angetünchte Farbe,
Und es flüchtet ihre Stirne
Unter die gemalte Narbe.
Kaum erwacht der Tag im Osten
Und der Schwalben frühes Rufen,
Eilt auch schon das gute Klärchen
Nieder die granitnen Stufen.
Über Felsen, Tal und Wiesen
Wandert sie wohl eine Meile
Nach dem Garten ihrer Mutter
Fort in rastlos froher Eile.
Was an schönen frischen Blumen
In den Beeten ist zu finden,
Pflücket sie mit klugem Finger'
Ihm den Morgengruß zu winden.
Und sie blicket, Früchte suchend,
Nach den Bäumen in der Runde;
Sinnend hält sie manchmal inne,
Eingedenk der süßen Stunde.
Und die Wonne jener Stunde
Und das mitleidvolle Bangen
Um den Teuren mengen ihre
Tränen auf des Mädchens Wangen. –
Nun erwacht der Prinz vom Traume,
Der ihn ließ sein Klärchen schauen,
Der ihn wandeln, frei und selig,
Ließ in heimatlichen Auen.
Des Erwachten Blicke schweifen
Finster an den Kerkerwänden,
Doch sie werden plötzlich heiter,
Treffen sie die Morgenspenden.
Still und schüchtern in der Ferne
Steht der Page, wills kaum wagen
Daß sie nicht Verräter würden,
Seine Augen aufzuschlagen.
Klara sieht es freudebebend,
Wie der Liebe stumme Gaben
Ihm das Angesicht erheitern
Und die kranke Seele laben.
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