Die schlafenden Tage

Kennst du die schlafenden Tage?

Da kommt die leuchtende Sonne nicht,
Verloren hat sie ihr Flammenlicht;
Ein träger Schimmer fließt herab;
Die Welt ist umschattet wie ein Grab.
Über der Dächer, der Türme Bau
Schleicht ein ewiges Wolkengrau.
Du bist allein – und die Welt des Lichts
Ist versunken ins schweigende Nichts. –

Wohl kenn’ ich die schlafenden Tage!

Da ruht das Herz, und mit leisem Schlag
Folgt es dem still verrinnenden Tag;
Nur in den Adern rollt das Blut,
Verborgen rinnt die Lebensflut.
Die Stille, die das All durchfließt,
Allmächtig sich ins Herz ergießt –
Kein Glück, kein Schmerz durchglüht die Brust,
Vergessen ist alles: Leid und Lust –

Ich liebe die schlafenden Tage.

Die schlummeratmende Seele schafft
Für den kommenden Kampf die siegende Kraft,
Die Kraft, die das blühende Glück erträgt
Und die kein Unglück zu Boden schlägt.
Hoch von den ziehenden Wolken auch
Weht hernieder ein Geisterhauch:
„Not ist Freude, Freude Not,
Tod ist Leben und Leben ist Tod.“

Kennst du die schlafenden Tage?

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