Der Wenersee
Mit dem Meergott kämpften heißer die Giganten einst denn je;
Siegreich, aus des Nordmeers Armen, rissen sie den Wenersee,
Bauten, zwischen Sohn und Vater, einen länderbreiten Damm,
Stellten vor das Thor, als Wächter, einen ganzen Felsenkamm.
Oft erfaßt den See ein Zittern tiefer Sehnsucht, und er lauscht,
Wenn’s wie fernes Meeresbrausen in den Tannengipfeln rauscht,
Beim Geheul der Wölfe wähnt er, daß die Windsbraut nahe sei,
Und im heisren Lied des Hähers hört er nur der Möwe Schrei.
Frühling wird’s, und dreißig Ströme zahlen plötzlich ihm Tribut,
Dreißig Ströme, die sonst meerwärts niederstürzten ihre Flut,
Mit der Wasser Steigen steigt auch das Gefühl ihm seiner Kraft,
Und dem Freiheitsdrang gesellt sich jetzt der Zorn ob seiner Haft.
Hoch schon überragt der Spiegel seiner Fluth den Riesendamm,
Zwischen ihm und seiner Heimath hebt sich nur der Felsenkamm,
Da, in siegessichrem Muthe, ruft er: „Vater, meine Hand
Streck’ ich Dir noch heut entgegen durch das felsbewachte Land.“
Und der dreißig Ströme jeden schleudert er als Wurfgeschoß
Auf den Wächter, und zertrümmert Haupt und Glieder dem Koloß,
Den gewalt’gen Rumpf des Felsens überschäumt sein Wasserschwall,
Und zum ersten Mal zur Tiefe donnert der Trolhättan-Fall.
In dem Riesendamme wühlt er sich mit leichter Müh ein Bett,
Und das Meer kommt ihm entgegen und sie graben um die Wett’
Jauchzend reichen Sohn und Vater zum Willkommen sich die Hand,
Felsenglieder, wie Trophäen, decken rings umher das Land.
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