An Gräfin Caroline B.

Der Blumen Sprache möchtest Du ergründen,
Um sanft in ihr Dein Innres zu ergiessen?
Um in des Kranzes Harmonie zu winden
Des Herzens Blüthen, die sich still erschliessen,
Die noch umhüllt von zarter Knospen Grün,
Nur leise Dir im Hauch der Ahndung blühn.

Allein es ward mir nicht die Macht gegeben,
Zu deuten Dir den seelenvollen Sinn,
Der in der Blumen still entsprosstem Leben
Uns zeigt der Mystik magischen Gewinn,
Die im geheimnissvoll gewebten Schleier
Die Seele füllt mit nahmenloser Feier.

Ich kenne nur der Blumen stilles Blühen,
Und ihr Vergehn im Schoosse der Natur.
Nur drei sah ich enträthselt einst erglühen
Im reinen Lichte einer schönern Flur,
Und diese drei will ich Dir liebend brechen,
Bedarfst Du mehr, Dein Innres auszusprechen? –

So nimm denn aus des Sommers reicher Fülle,
Die Lilie, der Unschuld Ebenbild,
Die in der schimmerlosen, weissen Hülle
Den Balsamodem spendet, süss und mild.
In ihr kannst Du mit stillem Selbstvertrauen
Dein eignes Ich in schöner Reinheit schauen.

Die blaue Winde, die die zarten Ranken
Im linden Hauche jedes Lüftchens regt,
Und seufzend säuselt in dem steten Schwanken,
Das ihrer Blüthe tiefen Kelch bewegt –
Sie ist der Sehnsucht Bild, die – tief verschwistert
Dem Sterblichen – in jedem Busen flüstert.

Die Liebe, die des Lebens Kronen windet,
Hat sich die Purpurrose vorbehalten.
Wenn ihre Gluth der Lilie sich vorbindet,
Muss sich des Daseyns höchstes Glück gestalten.
In ihres Duftes wonnevollem Grusse
Berührt der Himmel uns mit süssem Kusse.

Mischt sich der Sehnsucht leicht erregtes Beben
In Deines Herzens ruhiges Entzücken,
Wenn Dir der Unschuld Genien das Leben
Im Morgenglanz der Jugend lächelnd schmücken,
So dufte in der Zukunft dunklem Schoosse
Dir lohnend einst der Liebe Purpurrose.

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