Die Erde
Wohl hast du einst mit hoher Wonne
Mein junges Herz getränkt, Natur,
Wenn mich der Glanz der Frühlingssonne
Zur Ferne zog durch Wald und Flur;
Vertieft in mich, mit halbem Lauschen
An deinen Wundern streift' ich hin
Und wob in all dein Blühn und Rauschen
Der eignen Brust geheimsten Sinn.
Doch heilig-ernster ist die Feier,
Damit du jetzt mein Herz umwebst,
Wenn du den falt'gen Isisschleier
Vom hohen Antlitz lüftend hebst;
Wenn du vom Reiz der bunten Schale
Mein Auge still zur Tiefe lenkst
Und aus des heut'gen Tages Strahle
Ins Dämmerlicht der Urzeit senkst.
Da offenbart im Schwung der Auen,
In schwarzer Grotten Säulenschoß
Sich mir der Welle leises Bauen,
Des Feuers jacher Zornesstoß;
Da singt der Gurt geborstner Schichten
Ein heilig Lied mir vom Entstehn
Und läßt in wandelnden Gesichten
Die Schöpfung mir vorübergehn.
Und wieder schau ich's, wie mit Toben,
Vom unterird'schen Dunst gedrängt,
Der flüss'ge Kern des Erdballs droben
Die meergebornen Krusten sprengt;
Wie er, ein Strom von zähen Gluten,
Bis in die Wolken rauchend stürmt
Und über Täler dann und Fluten
Zergipfelt zum Gebirg' sich türmt.
O Riesenkampf der Urgewalten,
Drin eine Welt sich gärend rührt,
Der von Gestalten zu Gestalten
Mich auf ein letzt Geheimnis führt!
Denn wie ich rastlos rückwärts dringe
Von Form zu Form, erlischt die Spur;
Ich steh' am Abgrund, draus die Dinge
Der erste Lebenspuls durchfuhr.
Da fällt ins zagende Gemüte
Ein Glanz aus tiefsten Tiefen mir:
»Im Anfang war die ew'ge Güte,
Und tausend Engel dienen ihr!«
Und wie sie licht in Flammen wallen,
In Fluten brausen allerorts,
Empfind' ich schauernd über allen
Den Hauch des unerschaffnen Worts.
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