Der Lohn der Tugend
Mit stillen brünstigen Gebeten,
Kam täglich vor Jehovens Thron,
Arist, ein frommer Greis, getreten,
Und bat für seinen frommen Sohn.
Er ist, o Gott, mein Trost auf Erden,
Laß ihn dafür so glücklich werden,
Als dein Geschöpf es werden kann.
So betete der heilge Mann.
Einst sank er zu des Altars Fuße
In himmlische Begeistrung hin,
Da trat mit einem holden Gruße
Ein lichter Seraph neben ihn.
Der Herr, so sprach er, der dich höret,
Freund, hat dir deinen Wunsch gewähret,
Und morgen krönet hier der Lohn
Der Tugend dich und deinen Sohn.
Der Alte wacht in seiner Zelle
Und betet, bis es morgen war:
Itzt trat sein Fuß in die Kapelle.
Ein Leichnam lag vor dem Altar.
Es war sein Liebling. Keine Zähre
Entweiht sein Auge; Gott sey Ehre!
So ruft er, küßt mit Himmelslust
Den Sohn und – stirbt auf seiner Brust.
O Selma, der ich in der Jugend
Dieß Lied zum Pfand der Freundschaft gab,
Nun leg ichs deiner Engeltugend
Zum Denkmal auf dein frisches Grab.
Ihr, die es leset, fromme Schönen,
Benetzet es mit euren Thränen
Für Selma. Mehr als Elegie
Und Marmor ehren Thränen sie.
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