Kartoffelfeuer
Wenn Ende September Kartoffelfeuer
Mit weißem Schleier bedecken das Land,
Dann denk' ich an manches, was ich als teuer
In meiner Erinnerung halte gebannt.
Verflossene Zeiten, verflogene Tage,
In rosigen Wolken die ganze Welt,
Als noch nicht das Leben die häßliche Frage
»Beruf und Brot?« an uns hatte gestellt.
O Hannes mit knallroten Spitzbubenhaaren,
O Wolf mit dem pechschwarzen Lockenkopf,
Ich selber, ein Nichtsnutz von dreizehnhalb Jahren,
Mit Kletten und Disteln im flachsblonden Schopf.
Barfüßig, barköpfig, zerrissene Hosen,
Am Knie schimmert durch die bräunliche Haut –
O herrliche Zeit, wo mit sorgenlosen
Blauaugen ich keck in die Stunden geschaut.
Kein Wasser zu tief, zu hoch keine Höhe,
Kein Apfel zu sauer, kein Vogel zu flink –
In unserm frechfrohen Raubkönigreiche
Da wurde geknechtet, was mit uns nicht ging.
Die Katzenjagd stand bei uns mächtig in Blüte,
Es mieden die Hunde sehr schnell uns're Näh,
Dem Flurschützen war'n wir ein Dorn im Gemüte,
Dem Obstbaumbesitzer ein fressendes Weh.
Im Buchwald am Seerand, da war eine Ecke,
Von Weiden umwuchert, von Dornen geschützt.
Wir brieten in sicherem Räuberverstecke
Uns dort die Kartoffeln, die wir uns stibitzt.
Wir rauchten getrocknete Wallnußbaumblätter
Aus Pfeifen, geschnitzelt aus Ellernholz,
Und fühlten uns selig, wie Helden und Götter,
Wir Fürsten der Wildnis, verwegen und stolz.
Wir hauten uns auch, daß die Haare so flogen
Und blaubeulig wurden Kopf und Gesicht,
Und wurde dafür dann auch Wichse bezogen
Zu Haus' vom Papa, das genierte uns nicht.
Jetzt gehn wir geputzt nach der neuesten Mode
Mit schneeweißem Kragen und blitzblankem Hut,
Wir kommen vor Höflichkeit fast noch zu Tode
Und tuen getreu, was ein jedermann tut.
Du wirbelnder Rauch der Kartoffelfeuer,
Erinn'rer an alte, verflossene Zeit,
Wie ist mir dein herber Geruch doch so teuer,
Du bleibst mir als Jugenderinn'rung geweiht.
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