Des Zechers Traum

Mit den Freunden bei der mächt'gen Bowle
Hatt' ich tief bis in die Nacht gesessen;
Sieh, da kam im Schlaf ein seltner Traum mir.
An dem Strand des unfruchtbaren Meeres
Irrt' ich von gewalt'gem Durst gepeinigt
Hin und her zur Zeit der Sonnenrüste;
Eine Quelle sucht' ich, einen Brunnen,
Mich zu laben, doch umsonst! Da rief ich
Sehnsuchtsvoll umher mit heisrer Stimme:
O wer schafft zu trinken mir, zu trinken,
Aber nicht zu wenig – ich verschmachte –
O wer schafft zu trinken mir, zu trinken!

Siehe, da geschah ein plötzlich Wunder;
Denn des Meeres ungeheure Tiefe
Ward verwandelt zur kristallnen Schale,
Drum als Kranz des Ufers Wälder lagen.
Klares Wasser sah ich drinnen dampfen
Hell durchsichtig; aber Riff' und Klippen
Waren eitel Süßigkeit und schmolzen
In der heißen Flut; des Abends Strahlen
Schossen als ein goldner Strom herunter
Edlen Geists und färbten bis zum Rande
Nun die Mischung, daß sie zitternd glänzte.
Doch zuletzt als Riesenpomeranze
Sank die Sonn' herab und wogte schwimmend
Auf dem Trank dahin, die Schale krönend.

Und begierig mit den trocknen Lippen
Schlürfend setzt' ich an, und schon berührte
Mir das seltne Naß den Mund – da weckte
Mich der Schlag der Uhr; vom Lager fuhr ich
Durstig auf und mußte herzlich lachen.

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