Der Reisekoffer
Bei Tafel saßen in bunter Reih
Damen und Herren; auch saß dabei
Ein junger Mann von blassem Gesicht,
In Haltung und Ausdruck ernst und schlicht,
Durchaus bescheiden, zwar etwas gefräßig,
Aber schweigsam verhältnismäßig.
Und wie ein Bach in der Sonne Blinken
Glitt das Gespräch zwischen Scherzen und Trinken.
Man sprach über dieses, man sprach über jenes,
Man sprach über Nützliches, über Schönes,
Und kam über Unfälle und Verbrechen
Schließlich auf Reisekoffer zu sprechen.
Da waren nun, wie das so geht hienieden,
Urteil und Ansichten sehr verschieden;
Die Damen lobten die großen, schweren,
Bequem zu packen und rasch zu leeren,
Ohne daß dabei die Toilette
Jemals Schaden genommen hätte.
Den Herren hingegen wollte es scheinen,
Angenehmer wären die kleinen,
Die leichten, zusammengeklappten Dinger;
Man könne sie heben mit einem Finger –
Unser Jüngling in guter Ruh
Kaut seinen Bissen und schweigt dazu.
Und wie im Schilfe der schaukelnde Nachen
Glitt das Gespräch zwischen Scherzen und Lachen
Von Reisekoffern auf ferne Gefilde
Im schönen Italien, auf Kunstgebilde
Und dann auf das Glück, auf das Glücklicherscheinen
Sowie auf die Liebe im allgemeinen.
Unser Jüngling kaut wacker fort,
Hört von dem allen kein Sterbenswort;
Seine Gedanken, begreiflicherweise
Dämmern so weiter im alten Gleise.
Und wie er sich abmüht mit düstrer Stirn,
Löst sich ein Etwas in seinem Hirn
Und klettert herab, und erreicht seine Zung
Und wird nun allmählich zur Äußerung.
Und er tut den Mund auf, er winkt mit der Hand –
Die Damen im Kreise lauschen gespannt,
Die Herren verstummen von Reminiszenzen
Aus schwülen Garderoben mit welkenden Kränzen;
Alles starrt in verhaltenem Grimme,
Und er flötet mit süß melodischer Stimme,
Und dabei leuchtet sein Antlitz hell:
»Ich habe einen von Seehundsfell.«
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