Wiedersehen von Deutschland
Hier, wo um mich im Morgenglanz der Alpen Gletscher strahlen,
Und hinter mir Italien mit seinen Goldfruchtthalen,
Mit seiner Myrtenhügel Grün verschwimmt in duft'ge Bläue,
Schaut freudethränenvoll mein Blick, o Deutschland, dich aufs neue!
Oft, aus der Ferne heimgekehrt ans Ufer deines Rheines,
Wohl dacht' ich, schön auf Erden sei wie du der Länder keines,
Und Rast nicht ließ mir's, bis ich dich nochmals durchpilgert hatte,
Von wo das Hochgebirg Tirols sich senkt zur grünen Matte,
Und in der frischen Thäler Schoß die blauen Seen träumen,
Bis wo an Schleswigs Dünenstrand die Nordseewogen schäumen;
Doch stolzer heut, als je zuvor, darf ich dich mit dem süßen,
Dem heil'gen Namen Vaterland, du teure Heimat, grüßen!
Wenn sonst in alten Bergen nur, wo rankendes Gewinde
Der Epheu schlingt und scheu bei Nacht am Brunnen trinkt die Hinde,
Ich deines Ruhmes Kunden las auf grauen Marmorplatten,
Jetzt glorreich stehst du vor mir da, erstanden von den Schatten.
O, nun der mächt'ge Kaiseraar, hinflatternd ob den Heeren,
Zu seinem alten Horste kehrt, an Siegen reich und Ehren,
Wie rollt hochwallend, Adern gleich, wenn sie zu schnellern Schlägen
Die Freude treibt, dein deutscher Rhein voll Jubel ihm entgegen!
Von den Vogesen bis zum Harz, zum Kreidestrand von Rügen
Fliegt flammenhell die Botschaft hin von seinen Siegesflügen;
Aus langem, schwerem Traum erwacht, hebt Straßburgs Kathedrale
Begeistert ihr befreites Haupt und tönt im Morgenstrahle,
Und mit der Glocken Festgeläut vom Strome hin zu Strome
Zujauchzen freudestammelnd ihr die hehren Schwesterdome.
Hochbrausend mit der Wogen Schlag, die um Arkona branden,
Begrüßt der Ostsee blaue Flut das Reich, das neu erstanden;
Die Alpen jauchzen Antwort ihr mit donnernden Lawinen,
Und deine Kaiserpfalzen all und deine Burgruinen
Und deine Städte altersgrau, des Ruhms erlauchte Wiegen,
Erglänzen in dem jungen Licht, dem Schutte halb entstiegen.
Gesühnt ist, was von welschem Hohn seit Karls von Anjou Tagen
Bis zu dem Korsenunhold du, Unselige, ertragen.
Zu deinen Toten drunten selbst im kalten feuchten Grauen
Der Gräber rinnt der Trost hinab wie sanftes Frühlingstauen,
Und sie, der Franken-Frevelmut das schöne Herz gebrochen,
Die heilige Luise, fühlt neu ihre Pulse pochen;
Von Thränen um ihr Vaterland noch schwer die Augenlider,
Entsteigt sie ihrem Sarkophag und hebt die Blicke wieder,
Und schlürft die junge, reine Luft mit frohem Atemzuge.
Indes sie über Deutschlands Aun hinwallt in luft'gem Fluge,
Schwebt von Apuliens Blütenstrand, verklärt im Morgenrote,
Der junge Konradin heran, der vielbeweinte Tote,
Und Manfred führt er an der Hand, des Staufenthrones Erben,
Den welsche Tücke so wie ihn gerissen ins Verderben.
Da, wie die teure Heimat sie mit ihren burg-bekrönten
Felshöhen schauen, lächeln sanft hernieder die Versöhnten.
So mögt ihr unserm Volk fortan Schutzgeister sein, Verklärte,
Daß es so groß im Frieden sei, wie mächtig mit dem Schwerte!
Gleichwie nach der Gewitternacht durch das zerriss'ne Dunkel
Der Morgenstern sein Licht ergießt mit silbernem Gefunkel,
Auf alle Völker strahle so von dem geweihten Schilde,
Mit dem es Recht und Freiheit schützt, ein Glanz von Himmelsmilde!
Den Blick der Zukunft zugewandt, in Thatenkraft der Ahnen,
Der Menschheit schreit' es kühn voran auf ihren hohen Bahnen,
Bis unter Palmenwipfeln sie im morgenhellen Lichte
Aufatmet aus dem Kampfgewühl, dem Angsttraum der Geschichte,
Und nach Jahrtausenden voll Blut, nach langen, düstern Nächten
Der Liebe schöne Genien ihr den Kranz des Sieges flechten.
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