An Elisen

Du, Deutschlands erste Denkerinn,
In jeder Kunst Kalliopens erfahren,
Und weiser, als vor grauen Jahren
Der Griechen kühne Felsenspringerinn.
Mir fehlt die Kraft mit unversuchten Schwingen
Dir nach ins Heiligthum Aoniens zu dringen:
Doch strebt mein Geist dorthin, und nach Philosophie,
Allein mit oftmahls unbelohnter Müh
Läßt da mich Wahn und Irrthum gleiten,
Wo dein geübter Fuß wagt männlich fortzuschreiten.

Die Fackel der Vernunft, die zündetest du an,
Für sie hast du weit mehr gethan,
Als jene Schurmanninn, die bey den Labadisten
Mehr für die Schwärmerey, als für den Sinn der Christen
Ihr hohes Wissen nützt. Du, Edle! sagtest frey,
Wo dich der Schein verführt, und bliebst der Wahrheit treu.
Du nahmst dem Wolf sein täuschend Schafgewand
Mit sanfter, aber fester Hand.

Für Dichternachruhm hab’ ich weniges Gefühl;
Mir gab mein Genius ein kleines Saitenspiel,
Hiermit versüß’ ich mir des Lebens bittre Leiden;
Und die Erinnerung an die entflohnen Freuden

Ist für mein Herz Genuß. Von keiner Reu’ vergällt,
Verfließt mein Leben, fern vom Rausch der großen Welt.
Nur dich, du edelste der Weiber, zu verehren,
Macht mir mein Herz zur süßen Pflicht.
Dein Beyspiel ruft mich auf, mein Wissen zu vermehren.
Erkenntniß meiner selbst, ist mehr als ein Gedicht.

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